Rechtsgebiet:

Insolvenzrecht, Gesellschaftsrecht

Rechtssache:

BGH, 19.11.2019 – II ZR 233/18

Thema:

Insolvenz

Hintergrund

In der Insolvenz haftet der Geschäftsführer der Gesellschaft persönlich nach § 64 Satz 1 GmbH für alle Vermögensabflüsse aus der Gesellschaft nach Eintritt der Insolvenzreife (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung). Dadurch können sich enorme Haftungsrisiken ergeben, da sich der Geschäftsführer nur schwer entlasten kann.

Das Risiko der direkten Haftung des Geschäftsführers gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft ist dagegen deutlich geringer und resultiert meist aus strafbaren Handlungen.

Dennoch beschränken sich die Gläubiger einer GmbH nicht ausschließlich auf die Verfolgung von Ansprüchen gegen die Gesellschaft – gerade, wenn diese sich in der Insolvenz befindet und sie wirtschaftlich schwierig zu realisieren sein werden. Vielmehr wird versucht, die Ansprüche ggü. der Gesellschaft auch gegen den Geschäftsführer geltend zu machen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 19.11.2019 darüber entschieden, ob Gläubiger § 64 Satz 1 GmbH auch ein Schutzgesetz ist und sie Ihre Ansprüche i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB geltend machen und somit den Geschäftsführer direkt in Anspruch nehmen können.

Wie wurde entschieden?

Der BGH verneint die die Anwendung als Schutzgesetz und hat mit Urteil vom 19.11.2019 klargestellt, dass die Haftung des Geschäftsführers gem. § 64 Satz 1 GmbH ausschließlich gegenüber der Gesellschaft besteht. Die Gläubiger können auf dieser Basis dieser Norm nicht direkt gegen einen rechtswidrig handelnden Geschäftsführer vorgehen.

Welche Alternativen gibt es?

Auch wenn der BGH den § 64 Satz 1 GmbHG als mögliche Anspruchsgrundlage für die Gesellschaftsgläubiger ausschließt, besteht die Möglichkeit den Insolvenzverschleppungsschaden nach § 15a InsO i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB gegen den Geschäftsführer geltend zu machen.

Dieser Anspruch führt bei vorsätzlicher und fahrlässiger Verletzung der Insolvenzantragspflicht zu einer Haftung des Geschäftsführers gegenüber den Gesellschaftsgläubigern.

Rechtliche Würdigung

Das Urteil des BGH ist zu begrüßen, da noch einmal bestätigt wird, dass es sich um einen Anspruch der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer handelt, der nicht durch einen Gläubiger der Gesellschaft geltend gemacht werden kann.

Letztendlich will der BGH damit wohl auch einen Wettlauf der Gläubiger bei der Inanspruchnahme des Geschäftsführers vermeiden. Vielmehr soll der Insolvenzverwalter diesen Anspruch zum Vorteil der Insolvenzmasse und somit aller Gläubiger geltend machen. Das entspricht auch wieder der Insolvenzordnung, die eine Gleichbehandlung der Gläubiger vorsieht.

Was ist in der Praxis zu beachten?

Aus Gläubigersicht:

  • Regelmäßige Bonitätsbewertung der Geschäftspartner und Einleitung von Maßnahmen bei Verschlechterung (z.B. Einstellung der Belieferung, Umstellung auf Vorkasse, persönliche Bürgschaft des Geschäftsführers)

Als Geschäftsführer des Schuldners:

  • Kontinuierliche Liquiditätsplanung zur Dokumentation der Zahlungsfähigkeit und ggf. Einleitung von Maßnahmen
  • Frühzeitiges Einschalten von externen Beratern, zur Prüfung von Handlungsalternativen und zur Reduzierung von Haftungsrisiken

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